Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Psalm 42,3a Pfarrer Markus Bttner c komp

Durst zu haben ist jedem bekannt, besonders in der vor uns liegenden Sommerzeit. Das Durstgefühl zu lindern ist in unserem Land kein schwieriges Unterfangen. Schon mit einem Glas Wasser lässt sich das Problem leicht lösen. In anderen Gegenden dieser Erde kann dies schon weit schwieriger und aufwendiger sein. In nicht wenigen afrikanischen Ländern muss Frischwasser über weite Strecken, meist von Kindern oder Frauen, zu Fuß herangeschafft werden, weil es entweder vor Ort kein oder nur stark verunreinigtes Wasser gibt. Für den menschlichen Gebrauch ist es nicht geeignet. Seinen Durst zu löschen, bedarf rechtzeitiger Planung. Denn der Mensch weiß, dass er Flüssigkeit braucht, um zu leben.
Um dieses Bedürfnis weiß auch der Beter des 42. Psalms. Was eine vorwiegend wasserarme Gegend mit den daraus folgenden Nöten und Notwendigkeiten bedeutet, weiß er als einer, der in Israel lebt, nur zu gut. Er gibt uns Anteil an seinem Klagelied, welches mit „Sehnsucht nach der Gegenwart Gottes“ überschrieben werden kann. Der Beter sieht sich in einer schier ausweglosen Lage. Er sieht sich in Trauer, fühlt sich von Gott vergessen, ist umgeben von Feinden, die ihn verhöhnen. Aus der Not der Verlassenheit und der Bedrängnis sehnt er sich nach der Gegenwart Gottes.
Diese tiefe Sehnsucht wird auch im dritten Vers des Psalms - dem Monatsspruch für Juli - dramatisch deutlich. Zuvor setzt der Psalm mit einem sehr eindrücklichen Bild ein: So wie ein vor dem Verdursten stehender Hirsch an einem ausgetrockneten Wasserlauf, dürstet die Seele des Beters nach Gott. Das zu Grunde liegende hebräische Wort, welches hier mit Seele wiedergegeben ist, kann auch mit Leben übersetzt werden. Mein Leben dürstet nach Gott. Das macht die dramatische Sehnsucht nach Gott und seiner Gegenwart deutlich. Mit seiner ganzen Existenz und seinem Dasein verlangt der Psalmist nach Gott. Ausgezehrt und ausgedörrt ist sein Leben, weil er vom Ort der Gegenwart Gottes - und damit von Gott selbst - abgeschnitten ist. In der Erinnerung wird ihm gegenwärtig, welch glückliche Geborgenheit er in der Gott lobenden Gemeinde erfahren hat und erfahren durfte. Dass in diesem Abschnitt gleich zweimal Gott erwähnt wird, unterstreicht seine tiefe Sehnsucht. Im Unterschied zum Beter, der sich schon dem Tode geweiht sieht, sehnt er sich nach dem lebendigen Gott. Von ihm und seiner Gegenwart erwartet er eine neue Lebendigkeit.
Sehnsucht nach Gott und seiner Gegenwart im Gottesdienst setzt voraus, selbst aktiv erfahren und erlebt zu haben, wie es ist, ihm in der Gemeinschaft der Gläubigen in der versammelten Gemeinde zu begegnen. Wer jedoch vergessen hat, dass er Gott vergessen hat, wird diese Sehnsucht kaum nachempfinden können. Die Gottvergessenheit greift um sich, und mancher Zeitgenosse sieht sich als „religiös unmusikalisch“ - also für den Glauben nicht empfänglich. Anders ist es wohl mit denen, die um eine lebendige Beziehung zu Gott wissen, sie diese auch in der Vergangenheit aktiv gelebt haben, aber aus welchen Gründen auch immer die Verbindung haben abreißen lassen. Bei wieder anderen hängt der Glaube am seidenen Faden, kaum sicht- und erkennbar. Vorkommnisse in der Gemeinde haben sie verschreckt, Zweifel am Glauben haben sie überkommen, unbeantwortete Fragen lassen sie in der Luft hängen, durch tatsächliche oder vermeintliche Schuld sehen sie sich nicht mehr zugehörig oder gar in der Kirche nicht länger willkommen. Solche oder ähnliche Gedenken können den einen oder anderen beschäftigen und umtreiben. Und doch wohnt eine tiefe Sehnsucht nach Gott und der um ihn versammelten gottesdienstlichen Gemeinde in der Seele.
Allein Gott vermag die Sehnsucht nach ihm zu stillen. So ist jeder im Gottesdienst willkommen, um Gottes Gegenwart in der Gemeinschaft der Gemeinde zu erfahren. Gottesbegegnungen erleben wir in seinem Wort, das tröstet und heilt, Richtung und Orientierung schenkt, Freiheit und Leben gibt. Durch Gottes Vergebung wird Schuld in die unwiederbringliche Vergangenheit verbannt und Zukunft für die Ewigkeit geschenkt. Im Heiligen Abendmahl bekommen wir durch den wahren Leib und das wahre Blut Jesu Christi Gemeinschaft geschenkt, die über den Horizont dieser Zeit und Welt hinaus in Gottes ewige Welt reicht. Durch die Gemeinschaft am Leib und Blut des Herrn wird die Gemeinschaft mit Gott und untereinander gestärkt, vertieft, ausgebaut. Der Durst nach dem lebendigen Gott wird gestillt.
In unserem neuen Evangelisch-Lutherischen Kirchengesangbuch findet sich ein neu aufgenommenes Lied, welche diese Sehnsucht nach Gott zum Ausdruck bringt. Es ist unter der Nummer 628 zu finden. Anne Quigley hat es 1973 auf Englisch gedichtet; Eugen Eckert hat es 1986 ins Deutsche übertragen:
Kehrvers: Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst.
1. Um Frieden, um Freiheit, um Hoffnung bitten wir. In Sorge, im Schmerz, sei da, sei uns nahe, Gott.
2. Um Einsicht, um Beherztheit, um Beistand bitten wir. In Ohnmacht, in Furcht, sei da, sei uns nahe, Gott.
3. Um Heiligung, um Ganzsein, um Zukunft bitten wir. In Krankheit, im Tod, sei da, sei uns nahe, Gott.
4. Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir. Wir hoffen auf dich, sei da, sei uns nahe, Gott.
Angesichts der vielen Herausforderungen, der Um- und Abbrüche, vor denen der eine oder andere in seinem Leben steht, aber auch der zahllosen Krisen in der Welt bis hin zum Krieg in der Ukraine weiß ein Christ, wohin er kommen kann – zum lebendigen Gott. Gottesbegegnungen erleben wir in unseren Gottesdiensten. Er wird die Sehnsucht stillen. Vielleicht denkt der eine oder andere bei den zu erwartenden sommerlichen Temperaturen in den kommenden Monaten daran, dass der Durstlöscher für die Seele Gott ist.

Sehnsucht nach Gott wünscht Ihnen und sich selbst mit herzlichem Gruß
Ihr Pfarrer Markus Büttner

SELK


 

 

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